David Heinrich OSKAR MERZ, 18511908 (57 Jahre alt)

Name
David Heinrich OSKAR /MERZ/
Vornamen
David Heinrich OSKAR
Nachname
MERZ
Geburt
Taufe
Verbundene Person
Beziehung: Patentochter
Tod
20. Oktober 1908 (57 Jahre alt)
Notiz

Nach einer unglücklich verlaufenen kaufmännischen Lehre in St. Gallen war er zunächst als Kaufmann tätig. 1873 studierte er am Münchner Konservatorium und wurde später massgeblicher Musikkritiker und Opernrezensent der Münchner Neuesten Nachrichten. In seiner Jugend glühender Verehrer Richard Wagners, nimmt er bei aller Bewunderung wegen "befremdender Vorkommnisse" jedoch später eine eher kritisch-distanzierte Position zu seinem "Meister" ein.(DW)

Durch den persönlichen Umgang mit Richard Wagner sammelte er den Schatz von praktischen Kenntnissen, die ihn zum kritischen Förderer der Kunst des Meisters in München hervorragend befähigten … Seit dem er sich musikschriftstellerisch betätigte, wirkte er zielbewusst und unbeirrt durch alle daraus entstehenden Verdrießlichkeiten und Anfeindungen für eine stilgerechte und den Vorschriften des Meisters durchaus entsprechende Aufführung der Werke Richard Wagners. Oskar Merz hat als Opernreferent nahezu ein Vierteljahrhundert hindurch den ‚Münchner Neusten Nachrichten‘ treue, stets der Sache der Kunst völlig hingebende Dienste getan. Es gibt kein undankbareres Amt als das eines Musikkritikers … Das Amt des Musikkritikers ist gewiß schwierig und undankbar, um so schwieriger, je größer die Parteigegensätze sind, die das musikalische für Leben und Schaffen einer Stadt beherrschen … Hier die eigene Individualität zu bewahren, erfordert wahrlich nicht zu wenig. Und wenn wir sie Oskar Merz zusprechen, so sei vermerkt, dass die Jahre manche seiner Ansichten über neue Werke und schaffende Musiker bestätigt haben, um derenwillen er seinerzeit heftig befehdet wurde.“
Q: Neue Musik-Zeitung, Stuttgart-Leipzig, 5. November 1908, S. 64

Notiz

Zwei Briefe an Wagner sind erhalten (von Elisabeth Reber-Falckenthal). Der erste ist von 1872:
"Hochverehrter, grosser Meister!
Sie sind vielleicht so gütig, sich zu erinnern, dass heute vor acht Tagen ein junger Mann als Neffe des verstorbenen, durch ihre ehrende Freundschaft ausgezeichneten Herrn Charles Touchon von Livorno um die Gunst einer Vorstellung bei Ihnen bat, und dass Sie demselben sagen liessen, Sie könnten ihn heute nicht empfangen, wenn er Ihnen aber etwas zu berichten habe, so möge er diess schriftlich thun. - Indem ich nun heute von dieser erfreulichen Erlaubnis Gebrauch mache, so geschieht es, um Sie, hochverehrtester Herr, um Nachsicht zu ersuchen, wenn ich Ihnen mittheile, fragliche Audienz ohne eigentlichen Grund von Ihnen erbitten gewollt zu haben, ausser wenn Sie so langmüthig sind, meine grenzenlose Verehrung für Sie, die in dem sehnsüchtigen Wunsche gipfelte, dem grössten Manne einmal von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden zu haben, vom Bewusstsein gehoben zu sein, dass dieser Genius von mir, dem blöden Kaufmanne, wisse, - als genügendentschuldigenden Grund für die Absicht anzunehmen, Ihnen einige Minuten ihrer so kostbaren Zeit zu rauben, nachdem mich ein glücklicher Zufall auf einer Geschäftsreise in Ihre Nähe geführt hatte. Ich bitte Sie, wegen dieser Unbescheidenheit nicht gering von mir zu denken; und wenn Sie mir mit einigen Zeilen zeigen wollten, dass Sie dieses Schreiben nicht direkt in den Papierkorb wandern liessen, so würden Sie mich zum glücklichsten Menschen machen und zu unsäglichem Danke verpflichten.
In jedem Falle aber werde ich fortfahren, nach Kräften für die gute Sache zu wirken, und mich bestreben, derselben würdig zu sein, und verharre
in allertiefster Ehrfurcht
Ihr für die durch Ihre herrlichen Schöpfungen mir erweckten unendlich hohen Gefühle ewig dankbarer
ergebenster
Oskar Merz.
Augustenstrasse. München."
Der Kursivtext ist mit Bleistift schräg durchgestrichen. Daneben findet sich, kaum noch leserlich, mit Bleistift an den Rand geschrieben, folgender Satz: "Ich bin überzeugt, dass Sie dieses Verlangen im rechten Lichte betrachten, und die Unbescheidenheit der misslungenen Ausführung entschuldigen."

Wagners Brief vom 6.2.1872 (s.u.) ist wohl die Antwort auf diesen ersten Brief.

Briefe von Richard Wagner an Oskar Merz:

  1. München Luzern, P: Di 6. 2. 1872
    ALLGEMEINES: Von fremder Hand, mit autographer Unterschrift. G ORIGINAL: letzter Nachweis:
    Demarest, Online-Kat. Oktober 2005, Nr. 89, mit Umschlag. G AUSGABEN: Demarest (Ausz., frz. Übers.).
  2. München Bayreuth, Mo 12. 1. 1874
    ORIGINAL: Schwarzenfeld, Holnstein-Archiv, mit Umschlag.
    Q: Wagner-Briefe-Verzeichnis (WBV), Breitkopf & Härtel – Wiesbaden, Leipzig, Paris 1998
    www.musikwissenschaft.uni-wuerzburg.de/.../WBV_Addenda_2009.pdf
Notiz

Als Festspiel-Assistent bezieht Oskar Merz publizistisch gegen Hermann Levi, dem Parsival-Dirigenten, Stellung.
Q: Wagner und der Buddhismus
herausgegeben von Udo Bermbach, Dieter Borschmeyer, Hermann Danuser, Sven Friedrich, Ulrike Kienzle, Hans R. Vaget

Oskar Merz ließ sich in einem Brief an Humperdinck über den "Saujud den dreckigen" Levi aus.
Q: Hundert Jahre Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck: ...

Auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn dirigierte Levi im Juli 1882 die Uraufführung des Parsifal in Bayreuth. Obwohl aus bedeutenden jüdischen Familien stammend, war Levi in die christliche Mythenwelt Wagners hineingewachsen und seit 1871 mit dem Komponisten freundschaftlich verbunden. Wagner selbst wies Kritik, sein „heiligstes“ Werk nicht von einem Juden dirigieren zu lassen, entschieden zurück. Auch nach Wagners Tod 1883 blieb Levi bis 1894 der „Major“ und die rechte Hand der Witwe Cosima Wagner bei der Leitung der Bayreuther Festspiele. Der anhaltende Erfolg der Musik Richard Wagners nach dessen Tod ist eng mit Levis Namen verknüpft. Anfeindungen aus antisemitischen Kreisen belasteten seine ansonsten glanzvolle Karriere.
Q: Wikipedia, Hermann Levi

Notiz

Undatiert ist der zweite Brief an Wagner:
"Euer Hochwohlgeboren
hatten die Güte, mir zuletzt zu schreiben. Damals entging mir, dass in jenem Schreiben, von dessen übrigem Inhalte ich gebührend Kenntnis nahm, ein Passus vorkommt, der von “Freikarten, die den Herren Referenten der Oper und des Schauspieles bewilligt waren”, spricht. Dieser Passus ist, soweit er meine Person betreffen soll, unrichtig. Denn eine “Bewilligung” setzt doch wohl ein Gesuch voraus. Ein solches ist, wie Ew. Hochwohlgeboren recht gut wissen müssen, meinerseits niemals erfolgt. Ich muss vielmehr ausdrücklich daran erinnern, dass Sie die Freundlichkeit hatten, nach dieser Richtung hin eine Initiative zu ergreifen, indem Sie besonderen Zutritt mir wiederholt auf’s Liebenswürdigste und Angelegentlichste anboten.
Auch nahm ich (eingedenk der Unbeständigkeit von Allem unter der Sonne, zumal der Theatersonne) Ihr Anerbieten erst an, als ich sah, wie sehr Sie Gewicht hierauf legten, und machte nicht eher Gebrauch davon, bis ich über die Angelegenheit mit meiner Redaktion Rücksprache genommen und von ihr die Zustimmung erhalten hatte. Ihr jüngstes Schreiben zeigt mir nun, wie richtig die Reserve war, die ich mir in dieser wie in anderen Sachen auferlegen zu sollen für correkt hielt, und wie vergänglich die Worte all der schriftlichen und mündlichen Betheuerungen sind, die Ew. Hoch-wohlgeboren bezüglich Ihrer “ewigen” Dankbarkeit für meine “werkthätige, energische und zielbewusste Unterstützung” mir von Ihrem Amts-antritte an bis in die letzten Jahre, selbst unter Anrufung des Himmels (!) zugehen zu lassen die Güte hatten.
Dennoch würde ich wegen dieser Angelegenheit allein kaum zur Feder greifen. Vielmehr bestimmt mich ein anderer Anlass, diese Zeilen an Ew. Hochwohlgeboren zu richten. Seit Monaten treten nämlich Klagen auf über die wenig hofmännische Art, in der, wie mitgetheilt wird, Ew. Hochwohl-geboren mit manchen Ihrer Untergebenen, namentlich einem Theile der Damen des Solo-personales, amtlich verkehren. Schon die Viel-seitigkeit dieser Klagen spricht für ihren realen Untergrund, obwohl anderseits - wie leicht verständlich - die betroffenen, von der Intendanz und ihren Beziehungen abhängigen Mitglieder es vorziehen, ihr Schicksal stumm weiter zu tragen, als mit ihrem Namen klagend hervorzutreten. Erhärtet aber ist die Thatsache durch die Aussage einer Künstlerin, deren Berühmtheit und Beliebtheit viel zu hoch steht, als dass sie von jener Seite her etwas zu fürchten hätte. Diese Künstlerin, die Frl. Ternina heisst, macht gar kein Hehl daraus, dass ihr vielbedauerter Weggang von unserer Oper einzig und allein deshalb erfolgt ist, weil die brüske Art, in der Euer Hochwohlgeboren auch mit ihr dienstlich zu verkehren für passend hielten, ihrem Gefühle von Takt schnurstracks zu wider lief und sie, wie sie sagte, “als Dame sich an diese Art gewöhnen weder konnte noch wollte”. Die Künstlerin fügte bei, dass sie daraus gar kein Geheimnis mache und ihre Mittheilung, die ganz ruhig und unbefangen gelegentlich eines Gespräches mit mir erfolgte, durchaus nicht als diskrete betrachte.
Auch ist mir bekannt, dass die Künstlerin eben so offen einer hochstehenden Persönlichkeit den Sachverhalt mittheilte, mit der ausgesprochenen Absicht, dass S.R.Hoh. der Prinzregent den wahren Grund des Weggangs erfahre und die Künstlerin der Undankbarkeit zeihe. Doch ist es, wie ebenfalls bekannt, bisher entgegenstehenden Einflüssen gelungen, Ew. Hochwohlgeboren diese Wendung zu ersparen.
Es zeigt sich jedoch an diesem Vorkommnis, dass der besagte Umstand bereits direkten Einfluss auf den Personalbestand des kgl. Institutes ausgeübt hat u. noch weiter ausüben könnte. Er berührt deshalb ein öffentliches künstlerisches Interesse und könnte schliesslich doch einmal irgendwo öffentlich zur Sprache kommen. Deshalb möchte ich, aus alter, trotz aller befremdenden Vorkommnisse bewahrter Anhänglichkeit an die hervorragende Künstlerschaft Ew. Hochwohlge-boren, Ihnen Veranlassung geben, diese Verhältnisse, ob in diskreter oder eventuell für die Öffentlichkeit verwendbarer Weise bleibe Ihnen überlassen - für alle Fälle vorher auch Ihrerseits zu beleuchten.
Hochachtungsvoll ergebenst
Oskar Merz."

Notiz

An Oskar Merz gerichtete Briefe von Komponisten u.a. Persönlichkeiten in Kopien erhalten (FADW). Die Originale wurden von Rose Nowak 1975 zur Versteigerung an ein Auktionshaus gegeben.

Notiz

Im Frühsommer 1878, kurz vor dem Tod von Laura Gonzenbach, unternimmt er eine Reise nach Catania, er kommt Anfang Juli zur Aufführung seines "Credo" durch die Musikschule nach München zurück.

Oskar Merz war ab 1873 Schüler Nr. 62 von Joseph Rheinberger in München, E. Humperdinck ab 1877 Schüler Nr. 104 . Sie waren befreundet.

Brief von E. Humperdinck 10. Sep. 1879 an Oscar Merz
Q: Humperdinck, Briefe und Tagebücher, Bd.1, S. 94

Humperdinck, Engelbert. A Humoreske for small orchestra (1878-9), acquired by the court theatre at Munich as a comedy overture, also significantly featured as part of his work at the Musikschule. In December 1878 he became a member of the ‘Orden vom Gral’, a society led by his fellow student Oskar Mertz, consisting of young musicians, budding artists and academics, which, with the Munich Wagner Society, promoted Wagner´s music and ideals. Through his membership, he was able to experience the first performance in Munich of Der Ring des Nibelungen.

Familie mit Eltern
Vater
18061875
Geburt: 7. Mai 1806St. Gallen, Schweiz
Tod: 29. Juli 1875Hint'Kaiser, Kufstein
Mutter
18171871
Geburt: 13. Januar 1817 39 29 St. Gallen, Schweiz
Tod: 29. Oktober 1871München
Heirat Heirat1844
7 Monate
ältere Schwester
1 Jahr
ältere Schwester
2 Jahre
ältere Schwester
18471871
Geburt: 2. September 1847 41 30 St. Gallen, Schweiz
Tod: 14. Februar 1871Catania, Sizilien, Italien
4 Jahre
er selbst
18511908
Geburt: 11. September 1851 45 34 St. Gallen, Schweiz
Tod: 20. Oktober 1908