GEORG Hermann RUGE Prof., 18521919 (66 Jahre alt)

Name
GEORG Hermann /RUGE/ Prof.
Vornamen
GEORG Hermann
Nachname
RUGE
Namens-Suffix
Prof.
Geburt
Kindstaufe
3. August 1852 40 26 (1 Monat alt)
Notiz: St. Georgenkirche
Geburt eines Bruders
Kindstaufe eines Bruders
Notiz: St. Georgenkirche
Geburt eines Bruders
Kindstaufe eines Bruders
Notiz: St. Georgenkirche
Abschluss
Dr. med.
1875
Heirat
Beruf
Direktor des Anatomischen Inst.
1897
Adresse: Anatomisches Institut Zürich
Tod
Notiz

Stefan Organ: Der Anatom und Primatologe Georg Ruge (1852-1919)
Zürcher medizingeschichtliche Abhandlungen, Nr. 254, 154 S. ISBN-10: 3260053603
veröffentlicht in 1993, Juris Druck (Zürich)

Notiz

Studium der Medizin in Jena und Berlin, Promotion 1875 (Beiträge zum Wachstum des menschlichen Unterkiefers). Assistent in Heidelberg, dort Habilitierung für Anatomie 1878. 1888 als Prof. nach Amsterdam, 1897 Direktor des Anatomischen Instituts der Univ. Zürich.
Befasste sich vor allem mit Problemen der Primatenmorphologie.
Q: Deutsche biographische Enzyklopädie

Notiz

Der Weg zum internationalen Forschungszentrum für moderne Primatologie
Nicht nur räumlich befanden sich Anthropologie und Humananatomie bis 1936 an der Gloriastrasse unter einem Dach. Gegenbaur hatte 1897 seinen Amsterdamer Schüler Georg Ruge (1852-1919) mit Nachdruck nach Zürich empfohlen (Nyhart, 1995). Schon zur Jahrhundertwende bestanden zwischen dem Anatomen Ruge und dem Anthropologen Martin enge Beziehungen über die Fakultätsgrenze hinweg. Einerseits lag Ruges Forschungsschwerpunkt eindeutig bei der vergleichenden Primatologie und andererseits sah Martin gerade in der Primatenkunde einen wichtigen Pfeiler seiner Anthropologie. Hans Bluntschli (1877-1962), der sich 1906 mit einer vergleichenden Untersuchung der Arterienvarietäten bei Altweltaffen habilitiert hatte, gehört zusammen mit A. H. Schultz zu den bekanntesten Schülern dieser frühen Zürcher Primatologenschule (Greif und Schmutz, 1995).
Nach seiner Zürcher Promotion ging Schultz 1916 nach Baltimore, ausgestattet mit dem von Ruge im Gegenbaurschen Sinne geschulten morphologischen Blick und der bei Schlaginhaufen eingeübten Anthropometrie Martinscher Provinienz. Vielleicht lag gerade in dieser interdisziplinären Ausrichtung der Kern seines späteren Erfolges.
Q: Hans-Konrad Schmutz, Kurator der naturwissenschaftlichen Sammlungen der Stadt Winterthur HUNDERT JAHRE ZÜRCHER ANTHROPOLOGIE, 1999
www.unipublic.uzh.ch/archiv/magazin/.../index.html

Notiz

Im August 1899 besucht ihn Ernst Haeckel, welcher in einem Brief an Frida von Uslar-Gleichen aus Sonthofen schreibt: "Auch mit zwei anderen treuen Schülern war ich zusammen, Prof. C. Keller (Madagascar-Forscher) und Prof. Georg Ruge (Anatom). Letzterer ist ein Neffe von Virchow und erzählte mir viel von dessen 80. Geburtstagsfeier - er teilt ganz meine Ansicht über dessen Charakter und Leistungen."
Q: Das ungelöste Welträtsel
Frida von Uslar-Gleichen und Ernst Haeckel, Briefe und Tagebücher 1898-1900, S. 259

Da Virchow erst im Jahre 1901 seinen 80. feierte, ist die Datierung oder sonst etwas fraglich (DW)

Notiz

Die wissenschaftliche Anatomie hat während der Kriegsjahre viele ihrer hervorragendsten Vertreter verloren. Unter diesen ist auch Georg Ruge, Professor der Anatomie in Zürich, am 21. Januar 1919 dahingegangen. Er war am 19. Juni 1852 in Berlin als Sohn von Dr. med. Ludwig Ruge geboren. Seine Jugend und Schulzeit verlebte er in Berlin unter zahlreichen Geschwistern und in einem Milieu, in dem die Medizin hervorragend gepflegt wurde. Sein Vater war Arzt, sein Großvater mütterlicherseits der bekannte Gynäkologe Mayer, und sein Onkel Rudolf Virchow. Zwei seiner älteren Brüder hatten sich schon dem Studium der Medizin zugewandt. Durch diese kam er wohl nach Jena, um Medizin zu studieren.
Dort lehrten Ernst Haeckel und Carl Gegenbaur. Ruges wissenschaftliches Interesse hat ihn zur Anatomie hingezogen. Seinen beiden großen Lehrern bewahrte er die Treue bis zum Tode. Die klinische Studienzeit verlebte er in Berlin, wo er 1875 mit einer Dissertation über das Wachstum des menschlichen Unterkiefers promovierte und 1876 sein Staatsexamen bestand. Seine anatomische Laufbahn begann er im gleichen Jahre, indem er als Assistent zu Carl Gegenbaur nach Heidelberg ging. Hier habilitierte er sich und wurde Prosektor im Herbste 1878. Seine Habilitationsschrift führt den Titel: ,, Untersuchungen über die Entwicklungsvorgänge am Brustbein und an der Sternoklavikularverbindung des Menschen". Am 1. Oktober 1888 folgte er einem Rufe als Nachfolger Max Fürbringbrs nach Amsterdam, von wo er 1897 als Nachfolger Philipp Stöhrs nach Zürich berufen wurde. Dort blieb er bis ansein Lebensende.
Ruge war Schüler Gegenbaurs. Das kommt am schönsten in seiner wissenschaftlichen Lebensarbeit zum Ausdruck. Seine wichtigsten Arbeiten gelten dem Muskelsystem der Wirbeltiere und der Verkürzung des Rumpfes der Säugetiere. Er begann mit der Bearbeitung der Muskulatur der unteren Extremität und widmete sich dann der Untersuchung der Gesichtsmuskulatur, über die er grundlegende klassische Arbeiten verfaßt hat. Sein bekanntestes Werk, Die Gesichtsmuskulatur der Primaten, habe ich in Heidelberg entstehen sehen. Dabei konnte man die Arbeitsweise Ruges so recht erkennen und, wenn ich so sagen darf, mitgenießen. Alles an dieser Arbeit hat Ruge selbst ausgeführt. Die feinePräparation der Muskeln war schon eine künstlerische Tätigkeit und vollends bieten die von ihm selbst ausgeführten Zeichnungen vollendete Kunstwerke dar. Die stammesgeschichtliche Ausbildung der Facialismuskulatur ist durch diese Arbeiten weitgehend aufgeklärt worden.
Daneben hat Rüge in Heidelberg noch eine histologische Arbeit über Vorgänge am Eifollikel der Wirbeltiere ausgeführt.
In Amsterdam führte Ruge das reiche überseeische Material an Säugetieren auf allgemeinere Verhältnisse des Rumpfes und es entstanden seine Arbeiten über die metamere Verkürzung des Rumpfes, sowie seine Arbeiten über die Hautmuskulatur der Säuger. Sie wurden ergänzt durch Befunde beim Menschen, die er auf dem Präpariersaale bezüglich des Musculus Sternalis und des Achselbogens beobachtete.
Auch seine Arbeit über "das Knorpelskelett des äußeren Ohres der Monotremen ein Derivat des Hyoidbogens" ist hier entstanden.
Für die Vielseitigkeit seiner Arbeiten gibt das Verzeichnis derselben ein Zeugnis.

Als er im Herbste 1897 den Ruf nach Zürich bekam, war ihm der Abschied von Amsterdam nicht leicht. Stand er doch mitten im Ausbau seiner Institutsammlung, an welcher sein Herz hing.
Außerdem sollte er sein reiches vergleichend-anatomisches Arbeitsmaterial verlassen, wofür er in Zürich zunächst keinen Ersatz fand.
Aber die Naturschönheit der Schweiz, die zudem die Heimat seiner Gattin war, sowie die Erfahrung, daß das Klima in Amsterdam ihm auf die Dauer nicht zuträglich war, bestimmten ihn, nach Zürich zu gehen. Er hat es wohl nie bereut. Das für seine Arbeiten notwendige Material hat er sich auch dort beschafft, zum Teil aus eigenen Privatmitteln. Er führte seine Arbeiten über den Eumpf der höheren Säugetiere weiter. Die Arbeiten über die Leber seien besonders erwähnt.
Viele Schüler machten unter seiner Leitung Arbeiten, und es bestand bei ihm der Plan, alle die Ergebnisse dieser Arbeiten zusammenfassend zu verwerten. Das Schicksal hat ihn das zwar nicht erleben lassen, aber die Arbeiten von ihm und seinen Schülern sind doch für immer von großer Bedeutung für die Phylogenese der Säugetiere und für die Anthropologie.

Georg Ruge war in seiner wissenschaftlichen Arbeit durchaus Morphologe im besten Sinne des Wortes. Es genügte ihm nicht, Tatsachen festzustellen, sondern ihm galt es, die Beziehungen der tatsächlichen Verhältnisse zu ergründen. Die Erkenntnis war der wissenschaftliche Gewinn. Auch galt seine Forschung den Formerscheinungen, welche die Natur hervorbringt. Experimentell hat er nicht gearbeitet. Er blieb sich immer bewußt, daß er Anatom war. Anatomie aber ist Gestaltungslehre: Morphologie. Nach diesen Gesichtspunkten nahm ei seine Untersuchungen vor. Immer ging er zielbewußt von einer klaren Fragestellung aus, eingedenk des Wortes Gegenbaurs: ,, Frage die Natur in der rechten Weise und sie wird Dir antworten." Deshalb blieb er aber nicht Schüler Gegenbaurs, sondern ist früh schon selbst Meister der Forschung geworden.
Gerade darin kam der bedeutsame Einfluß Gegenbaurs auf alle, die mit ihm arbeiteten, zum Ausdruck. Er wirkte ungemein anregend in der weitschauenden Heranziehung aller anatomischen Instanzen, ohne dabei das naturwissenschaftliche Denken einzuschränken.
Erschöpfend sind alle Ergebnisse nicht, es bleibt weiterer Forschung noch immer Vieles vorbehalten. Neben der wissenschaftlichen Arbeit Ruges ist aber auch seine Tätigkeit als akademischer Lehrer zu betrachten. Hierin war er erfüllt von einem hohen Verantwortlichkeitsgefühl. Die peinliche Genauigkeit, mit der er seine wissenschaftlichen Präparate herstellte, übertrug er auch auf den anatomischen Unterricht. Das kam den Studierenden bei den Präparierübungen sehr zu statten. Er war bei der Präparation sehr schwer zufriedenzustellen und viele Schüler verdanken ihr späteres gründliches anatomisches Wissen den hohen Anforderungen, die Euge auf dem Präpariersaale an sie stellte.
Daß das von der akademischen Jugend ihm hoch angerechnet worden ist, ergibt sich aus dem Nachruf, den ihm seine Schüler in Zürich gewidmet haben.
Auch der Nachwelt hat er für den anatomischen Unterricht in seiner Anleitung zum Präparieren ein wertvolles Geschenk hinterlassen. Es ist jetzt die fünfte Auflage dieses zweibändigen Werkes im Druck. Hervorgegangen ist es aus der Technik, die in der von Gegenbauer geleiteten Anatomischen Anstalt in Heidelberg ausgearbeitet und angewandt wurde. Daß die Vorlesungen Ruges dementsprechend ungemein belehrend und anregend waren und als solche von seinen Schülern stets dankbar anerkannt wurden, bedarf danach kaum mehr einer besonderen Versicherung.

Wer Georg Ruge als Mensch näher kannte und mit ihm in freundschaftlichem Verkehr stand, wird die Zeit gemeinsamen Lebens und Wirkens stets in dankbarer Erinnerung behalten. Er war von heiterem und liebenswürdigem Wesen und als Freund von größter Zuverlässigkeit. Seine Freude an der Natur, seine Wanderlust, die sich schon in der herrlichen Umgebung Heidelbergs in erfrischendster Weise betätigen konnte, übertrugen sich auch auf seine Gefährten. Dazu kam, daß er sich eine ganz reizende Häuslichkeit geschaffen hatte. Als Prosektor in Heidelberg führte er eine Tochter des Augenarztes Dr. Bänziger in St. Gallen als Gattin heim. Jedem, der das Glück hatte, in seinem Hause zu verkehren, werden die anregenden und genußreichen Stunden unvergeßlich sein; und seine Gattin ist ihm auch bei seinen Arbeiten stets eine verständnisvolle und anteilnehmende Gefährtin gewesen.

Am Ende des Jahres 1917 begann Ruge zu kränkeln. Er hat aber während des Jahres 1918 seinen Beruf noch voll ausgeübt.
Niemand teilte er die Natur seines Leidens mit, über die er sich selbst klar war. So hielt er sich aufrecht bis Weihnachten 1918. Am 21. Januar 1919 hat ihn dann ein sanfter Tod von seinem Leiden erlöst. Das letzte Lebensjahr war für ihn noch besonders schmerzlich, da er als kerndeutscher Mann den Zusammenbruch seines geliebten Vaterlandes aufs bitterste mitempfand. Überblicken wir aber sein Leben, so war es ein sehr glückliches, denn es war ihm beschieden, es seinen Fähigkeiten und Interessen entsprechend voll durchzuführen. Wir nehmen Abschied von ihm, aber alle, die ihm im Leben nahegestanden haben, werden ihm stets ein freundliches Andenken bewahren und sein wissenschaftliches Lebenswerk wird nicht vergehen.

F. Maurer.

Familie mit Eltern
Vater
Mutter
Heirat Heirat21. Mai 1845Berlin
16 Monate
älterer Bruder
18461926
Geburt: 24. September 1846 34 20 Berlin
Tod: 15. April 1926Berlin
ältere Schwester
18461934
Geburt: 24. September 1846 34 20 Berlin
Tod: 26. April 1934Berlin
15 Monate
älterer Bruder
18471924
Geburt: 15. Dezember 1847 35 22 Berlin
Tod: 16. April 1924Berlin
16 Monate
älterer Bruder
18491910
Geburt: 7. April 1849 36 23 Berlin
Tod: 6. Juni 1910Frankfurt (Oder)
10 Monate
älterer Bruder
18501914
Geburt: 17. Januar 1850 37 24 Berlin
Tod: 8. Juni 1914Steglitz, Berlin
2 Jahre
er selbst
18521919
Geburt: 19. Juni 1852 39 26 Berlin
Tod: 21. Januar 1919Zürich, Schweiz
15 Monate
jüngerer Bruder
18531893
Geburt: 11. September 1853 41 27 Berlin
Tod: 17. Juni 1893Bad Soden, Taunus
5 Jahre
jüngerer Bruder
18581913
Geburt: 13. Februar 1858 45 32 Berlin
Tod: 13. Oktober 1913Dahlem, Berlin
Familie mit Ernestine BAENZIGER
er selbst
18521919
Geburt: 19. Juni 1852 39 26 Berlin
Tod: 21. Januar 1919Zürich, Schweiz
Ehefrau
18641960
Geburt: 1864Altstätten, St. Gallen, Schweiz
Tod: 16. Februar 1960Zürich, Schweiz
Heirat Heirat11. August 1884